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Die Orgel.

 

O sagt mir an, wer diesen Wunderbau,
Voll Stimmen alles Lebenden erfand?
Den Tempel, der, von Gottes Hauch beseelt,
Der tiefsten Wehmuth Herzerschütternde

 

Gewalt mit leisem Klageflötenton
Und Jubel, Cymbeln- und Schalmeienklang,
Mit Kriegstrommetenhall und mit dem Ruf
Der siegenden Posaune kühn verband.

 

Vom leichten Hirtenrohre stieg der Schall
Zum Paukendonner und der weckenden
Gerichtstrommet’. Es stürzen Gräber! Horch,
Die Todten regen sich! –

 

Wie schwebet jetzt
Der Ton auf aller Schöpfung Fittigen
Erwartend. Und die Lüfte rauschen. Hört,
Jehovah kommt! Er kommt! sein Donner ruft! :

 

In sanftanwehendem beseelten Ton
Der Menschenstimme spricht der Gütige
Anjetzt; das bange Herz antwortet ihm. –
Bis alle Stimmen nun und Seelen sich
Zum Himmel heben, auf der Wolke ruhn –
Ein Halleluja! – Betet, betet an!

 

Apoll erfand die Cither, Maja’s Sohn
Bespannete die Lyra; Pan erfand
Die Flöte; wer war dieser mächtge Pan,
Der aller Schöpfung Athem hier vereint?

 

Cäcilia, die edle Römerinn,
Verschmähete der weichen Saite Klang,

 

In ihrem Herzen betend: „wäre mir
Gewährt, den Lobgesang zu hören, den
Die Knaben sangen in des Feuers Glut,
Das Lied der Schöpfung.“

 

Da berührt’ ihr Ohr
Ein Engel, der ihr sichtbar oft erschien,
Der Betenden. Entzücket hörte sie
Das Lied der Schöpfung. Sterne, Sonn’ und Mond
Und Licht und Finsterniß, und Tag und Nacht.
Die Jahreszeiten, Winde, Frost und Sturm,
Und Thau und Regen, Reif und Eis und Schnee
Und Berg und Thal in ihrem Frühlingsschmuck,
Und Quellen, Ström’ und Meere, Fels und Wald,
Und alle Vögel in den Lüften, was
Auf Erden Othem hat, lobpries den Herrn,
Den Heiligen, den Gütigen.

 

Sie sank
Anbetend nieder: „Würd’, o Engel, mir
Ein Nachhall dieses Liedes!“ –

 

Eilig ging
Er hin zum Künstler, den Bezaleels
Geweihter Geist belebte, gab ihm Maas
Und Zahl in seine Hand. Es stieg ein Bau
Der Harmonieen auf! Das Gloria
Der Engel tönt’; einmüthig stimmete
Die Christenheit ihr hohes Credo an,
Der Seelen große Gottvereinigung.
Und als beim Sacrament das Heilige:
Er kommt! Gesegnet, der da kommt! erscholl,
Hernieder ließen sich die Seligen,
Und nahmen an – der Andacht Opfer. Erd’
Und Himmel ward Ein Chor: den Bösewicht
Erschüttert an des Tempels Pforte schon
Die Tuba, die den Tag des Zorns erklang. –

 

Mit allen Christenherzen freute sich
Cäcilia, genießend, was das Herz
Der Betenden verlanget, Einigung
Der Seel’ und Herzen; Christvereinigung.

 

„Wie nenn’ ich, sprach sie, den vielarmgen Strom,
Der uns ergreift, und in das weite Meer
Der Ewigkeiten träget?“ „Nenne, sprach
Der Engel, es, was du dir wünschetest,
Organ des Geistes, der in Allem schläft,
Der aller Völker Herzen reget, der
Anstimmen wird der ewgen Schöpfung Lied,
Im reichsten Labyrinth die volleste
Vereinigung; der Andacht Organum.“

Johann Gottfried Herder (1744 - 1803), Zerstreute Blätter – Sechste Sammlung, 1797

 

 

Denn, wie wenn hoch von der herrlichgestimmten, der Orgel
Im heiligen Saal,
Reinquillend aus den unerschöpflichen Röhren,
Das Vorspiel, weckend, des Morgens beginnt
Und weitumher, von Halle zu Halle,
Der erfrischende nun, der melodische Strom rinnt,
Bis in den kalten Schatten das Haus
Von Begeisterungen erfüllt,
Nun aber erwacht ist, nun, aufsteigend ihr,
Der Sonne des Fests, antwortet
Der Chor der Gemeinde …

Friedrich Hölderlin (1770 - 1843) aus "Am Quell der Donau" - Sammlung "Hymnen"

 

 

Orgelspiel

Seufzend durchs Gewölbe zieht, und wieder dröhnend,
Orgelspiel. Andächtige Gläubige hören,
Wie vielstimmig in verschlungenen Chören,
Sehnsucht, Trauer, Engelsfreude tönend,
Sich Musik aufbaut zu geistigen Räumen,
Sich verloren wiegt in seligen Träumen,
Firmamente baut aus tönenden Sternen,
Deren goldene Kugeln sich umkreisen,
Sich umwerben, nähern und entfernen,
Immer weiter schwingend sonnwärts reisen,
Bis es scheint, es sei die Welt durchlichtet,
Ein Kristall, in dessen klaren Netzen
Hundertfach nach reinlichsten Gesetzen
Gottes lichter Geist sich selber dichtet.

Hermann Hesse